Nichts hat Künstler aller Zeiten so sehr inspiriert und beflügelt wie die Liebe. Ob nun die Jungfrau Maria oder die Schöne aus der Nachbarschaft angebetet wurde, ob höllische Verzweiflung oder seligstes Glück – immer ist es die Liebe, die auch in der Musik die großartigsten Werke entstehen ließ.
Musikalischer Ausdruck dieser Hingabe war im Italien des 16. Jahrhunderts das Madrigal. Zum ersten Mal in der Musikgeschichte ging es darum, alle Geschehnisse und Emotionen einer Textvorlage direkt und plastisch in der Musik abzubilden. Kompositorische Muster bildeten sich heraus, ein als Madrigalismen bezeichneter Kanon stilistischer Mittel – auffällige rhythmische, harmonische, chromatische oder sonstwie ungewöhnliche Wendungen, die tonmalerisch den Text wiedergeben und erprobtermaßen bei den meisten Menschen die gleichen Assoziationen und Gefühle hervorrufen. Grundsätzlich eine weltliche mehrstimmige Vokalgattung ohne formale Auflagen bis auf jene der größtmöglichen Expressivität (im Gegensatz zur streng zensierten Kirchenmusik dieser Zeit der katholischen Gegenreformation), bot das Madrigal den Renaissance-Komponisten viel kreativen Spielraum bei der Vertonung. Und so wurde denn die Gattung zum Prüfstein der Komponisten, einige wahrhafte Meisterwerke entstanden und inspirierten noch Jahrzehnte später zu nicht minder großartigen Instrumentalbearbeitungen – diese stehen im Zentrum dieser Aufnahme.
Die Gattung stand von Anfang an auch jedem Instrumentalisten offen, sowohl im Ensemble als auch als Solist. Da ganz offensichtlich der Instrumentalist von damals weitaus weniger Respekt vor dem geschriebenen „Wort“ hatte als der von heute, ja Improvisation und Ornamentierung zum festen Kodex des Renaissancemusikers gehörten, mehrten sich im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts die gelehrten Traktate derjenigen, die diesem wilden und wohl bisweilen selbstgefälligen Treiben Einhalt gebieten und dem Improvisieren und Auszieren das rechte Maß samt satztechnischer Regeln, sprich Respekt vor Werk und Schöpfer beizubringen suchten. Juliane Laake, August 2017